26. Juni 2017

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# Arbeit & Wohlstand

Mehr Mitte Bitte!

Am 26. Juni 2017 hat die Julius Raab-Stiftung ein Essay von (damals noch) Staatssekretär Dr. Harald Mahrer herausgegeben. Je näher der Wahltag in Österreich am 15. Oktober 2017 rückt, desto mehr haben Extrempositionen Konjunktur, vernünftiger Dialog ist Mangelware. Die Publikation möchte der Mitte der Gesellschaft auf der Basis unserer Werte den Rücken stärken. Das „Manifest der Mitte“ ist aber auch ein leidenschaftliches und überzeugendes Rufzeichen für mehr Gerechtigkeit für und zur selbstbewussten Artikulation von Anliegen der Mitte.

Das Buch enthält auch zahlreiche vertiefende Statistiken und ein originelles Mittelstands-Glossar. Vieles wird auf den Punkt gebracht, und zum Dialog darüber eingeladen, was die Mitte in unserer Gesellschaft heute und in der Zukunft bedeuten soll. Danke für diese Einladung zu einem spannenden Diskurs!

 

 

Die Mitte hat die Werte

„Es sind die Bürger des Mittelstandes in allen Staaten diejenigen, welche das gesichertste Dasein haben und sich am längsten erhalten. Es ist derjenige Staat am besten verwaltet und regiert, in welchem der Mittelstand der zahlreichste ist.“ Das starke Aristoteles-Zitat stellt Harald Mahrer mit Fug und Recht an den Beginn seines Essays. In der Mitte werden Freiheit und Verantwortung als zwei zentrale Werte verwirklicht. Freiheit ist der grundlegende Wert der liberalen Demokratie und unseres Wirtschafts- und Sozialmodells der Sozialen Marktwirtschaft. Nur hier gedeihen abseits von Extrempositionen Zukunftsoptimismus und Mut zum (Political) Leadership.

 

Verantwortung für das Ganze

Im Gegensatz zu „rechtskonservativen Retro-Zirkeln und linken ‚der Staat wird’s schon richten‘ – Gesellschaften“, die heute wieder vielerorts – von den neuen deutschen Bundesländern bis ins amerikanische Charlottesville – Morgenluft wittern, liegt das Potential einer modernen Volkspartei „in der Mitte“. Hier versammeln sich die politischen Akteure ohne linke und rechte Scheuklappen, die komplexe politische Herausforderungen an- und Verantwortung übernehmen. Hier sind Kompetenz, Vernunft und Zukunftsfähigkeit politisch verortet, abseits von ideologischer Einseitigkeit und politischen Extremen.

 

Ehrlichkeit statt Populismus

Große Teile der Gesellschaft, auch des Mittelstandes, haben Abstiegsängste. Diese bilden einen guten Nährboden für eine (Un-)Kultur des Pessimismus, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt untergräbt und das Potential unserer sozialen Marktwirtschaft minimiert. Populisten versuchen diese Ängste zu befeuern und zu nutzen – von Trump bis Brexit. „Keep it short and simple“ – im Zeitalter von Fake News mutet diese Formel für journalistische Arbeit an wie eine Drohung. Die Mitte steht dagegen für Ehrlichkeit. Die Politik muss auch unangenehme Wahrheiten offen aussprechen und richtig kommunizieren. Probleme und Herausforderungen müssen rechtzeitig diskutiert und gelöst werden.

 

Solidarität statt Bevormundung

Zwänge und Regulierungen nehmen vielen Menschen die Luft zum Atmen. Neue Radikalismen und Polarisierungen in der Gesellschaft begünstigen ein leistungsfeindliches Klima des Neides. Freiheit, Leistung, Eigentum und Verantwortung als die wichtigsten Errungenschaften unserer Sozialen Marktwirtschaft sind im Begriff, unter dem Vorwand von Verteilungsgerechtigkeit geopfert zu werden. Politik für eine starke Mitte bedeutet dagegen die Befreiung des Menschen von Bürokratie und Steuerlast, die Emanzipation von Bevormundung und die Absage an eine „Verbotsgesellschaft“, zu der Teile der Grünen Bewegung mittlerweile mutiert sind. „Die Mitte“, so Mahrer, „muss sich ihre Freiheit wieder zurückholen. Sie darf nicht zuschauen, wie ihre Freiheit scheibchenweise reduziert und eliminiert wird.“

 

Nicht überall, wo Mitte drauf steht , ist Mitte drin

Im Zeitalter der Inszenierung von Politik versuchen zunehmend alle, die „Mitte“ zumindest symbolisch zu besetzen. Tatsächlich vertragen sich Erbschafts- und Vermögenssteuern für alle nicht mit einer Politik für einen breiten Mittelstand. Wenn sich Politiker einen volksnahen und heimatverbundenen Anstrich verpassen, muss sich das nicht zwangsläufig mit ihrer Wertebasis decken. Eine moderne Volkspartei der Mitte ist vor diesem Hintergrund in ihrer Kommunikations- und Vermittlungsleistung am meisten gefordert. Sie muss programmatisch wertorientiert und gleichzeitig zukunftsoffen und veränderungsbereit agieren, heutige und zukünftige Interessen der Menschen integrieren, und dies den Menschen glaubhaft vermitteln – eine echte Herausforderung.

 

Chancengerechtigkeit für eine gute Zukunft

Menschen sollen von Anfang an die Chance haben, durch ihre Leistung und ihr Engagement an der gesellschaftlichen Entwicklung teilzuhaben. Chancengerechtigkeit ermöglicht jedem Individuum den breiten Zugang zu Entwicklungspotenzialen. Ob und in welchem Ausmaß sie diese nützen, liegt in ihrer Freiheit und in ihrer Verantwortung. Notwendig für Chancengerechtigkeit ist eine neue Chancenkultur in unserer Gesellschaft, in der Veränderung nicht als Bedrohung, sondern als Zukunftspotenzial gesehen wird. Und die Zukunft kann man nicht verhindern, man muss sie gestalten.