19. Oktober 2017

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# Bildung & Bildungssystem

Thomas Nàrosy im Interview: Das Future Learning Lab: Innovationslabor für neue Lernszenarien

Am 17. Oktober war es so weit: das „Future Learning Lab“ an der Pädagogischen Hochschule in Wien öffnet seine Pforten. LehrerInnen, StudentInnen, SchülerInnen und AkteurInnen der außerschulischen Pädagogik können dort „ die Möglichkeiten entdecken und nützen, die eine technologisch und medienpädagogisch professionelle sowie didaktisch konsequent „lernseitige“ Umgebung bieten kann“, verspricht Projektleiter Thomas Nárosy. Wir haben ihn gebeten, uns anhand eines fiktiven Tagesprogramms die Aufgaben und Ziele des „Future Learning Lab“ zu beschreiben bzw. darzustellen, was der Digitale Wandel für das Lernen heute und zukünftig bedeutet.

Erleben, was digitale Werkzeuge und Medien im Unterricht können

Am Vormittag eines typischen Tages im „Future Learning Lab“ könnte beispielsweise das Thema Volksschulfachdidaktik auf dem Programm stehen. „Uns geht es in einer solchen Veranstaltung nicht um Informatik, sondern um das Lernen in der Volksschule in einem Kontext, in dem die Medien und Werkzeuge eine dem Lernen förderliche Rolle spielen. Die TeilnehmerInnen lernen bei uns, wie sie unterschiedliche Sachunterrichtsthemen mittels digitaler Medien und Werkzeuge aufbereiten und sie dabei optimal einsetzen“, erklärt Thomas Nárosy, und spricht dann eines der wichtigsten Vorhaben für die Zukunft, nämlich die Lehrendenausbildung an: „Wir müssen den Menschen Dinge beibringen, die sie noch nicht gelernt haben oder auch gar nicht lernen konnten.  Das „Future Learning Lab“ bietet dazu eines geniales Ambiente mit einem riesigen Mehrwert für die PädagogInnenbildung.“

Inspirierende Gespräche und Vernetzung beim Mittagessen

Es ist Mittag im „Future Learning Lab“: man trifft sich in der Mensa. Die Gespräche mit neuen und bekannten Menschen, die man dort zufällig trifft, sind Thomas Nárosy sehr wichtig: „Bei allem Nutzen der Digitalität und Virtualität versteht sich das „Future Learning Lab“ auch als Ort eines soziales Lerngefüges mit entsprechender Bodenhaftung.  Durch die Verortung an der Pädagogischen Hochschule als einem „traditionellen Treffpunkt“ für lernende Menschen erschließen sich zusätzliche Vernetzungseffekte zu den Inputs durch das reguläre Programm.“

In heterogenen Gruppen voneinander lernen

Am Nachmittag unseres „typischen Tages“ findet beispielsweise eine „Flipped  Learning“ – Veranstaltung (als Teil des geplanten Herbstschwerpunktes) statt: „Das Besondere an dieser Veranstaltung  ist, dass wir sie selbständig ausgeschrieben haben, weil wir nicht nur LehrerInnen,  sondern auch Studierende, TrainerInnen aus der Erwachsenenbildung  oder Personen aus Unternehmen ansprechen wollten; kurz, alle Menschen, die „ Flipped Learning“ für ihre Weiterbildung brauchen . Wir nutzen im vorliegenden Fall bewusst die heterogene Gruppe fürs Lernen, um so das wechselseitige Verständnis bzw. die Bereicherung der Lerngruppen füreinander zu befördern“, erklärt Thomas Nárosy.

Techniken vermitteln, die in der Praxis funktionieren

„Es ist ein besonders erfreulicher Nebeneffekt, dass durch den Einsatz digitaler Medien bzw. neuer Methoden bzw. Techniken alte Probleme gelöst werden können“, berichtet Thomas Nárosy von den Erfahrungen einer Kollegin, die an einer berufsbildenden Schule  „Flipped Learning“ einsetzt: „vorher haben etliche ihrer 16 bis 17-jährigen SchülerInnen oft den Mathematikunterricht  gestört, waren unkonzentriert, oder haben die  Hausübungen nicht gemacht. Das hat sich sehr positiv verändert, seit sie den Unterricht „umgedreht“ hat. Sie hat den SchülerInnen als Hausübung einen Film mitgegeben und dann im Unterricht gemeinsame Beispiele dazu bearbeitet“.

Vernetzung und Vertiefung auch am Abend

An einem typischen Tag im „Future Learning Lab“ wird es auch Abendveranstaltungen geben. Das kann z.B. eine LehrerInnengruppe sein, die unsere Räume und Technologie für ein Meeting im schulischen Kontext nutzt, und ihre eine eigene Agenda mitbringt.  Eine solche Abendveranstaltung kann aber auch dazu dienen, um eine qualifizierte Öffentlichkeit in der Art eines  Digitalen Salons  zu brisanten Fragestellungen rund um das zeitgenössische Themenspektrum der Digitalisierung der Bildung anzusprechen,“ skizziert Thomas Nárosy, „dabei können wir Themen der IT-Industrie allgemein verständlich vorstellen und aufbereiten, damit sie im Unterricht auch den SchülerInnen erklärt werden können. Beispiel Blockchain:  man muss den Begriff nicht im technischen Detail verstehen, aber ihn grundsätzlich erklären können”.

Digitale Medien verantwortungsvoll nutzen

„Der Mensch ist das Maß und die Digitalisierung ist die neue Realität, auf die wir die PädagogInnen bestmöglich vorbereiten wollen. Durch den Digitalen Wandel kommen viele Dinge in Gang, die wir heute noch nicht endgültig abschätzen können, vor denen wir uns aber nicht fürchten sollten“, meint Thomas Nárosy, „mir spricht dazu Yuval Noah Harari mit seinen Büchern aus der Seele. Wer hätte im Jahr 1800 abschätzen können, wie die industrielle Revolution 100 Jahre später die Welt verändern würde – und  trotzdem ist es der Menschheit bisher immer gelungen, große Krisen und Veränderungen zu bewältigen. Optimismus ist angebracht – warum sollte das beim Digitalen Wandel anders sein?“

Probleme identifizieren und Lösungen institutionalisieren

„Es ist Aufgabe der Schule, zum Thema „Digitaler Wandel“ zu bilden, aufzuklären, und die Menschen dabei zu unterstützen, sich dieser Werkzeuge zu bedienen. Manche Inhalte wie z.B. die Verkehrserziehung sind an den Schulen mittlerweile selbstverständlich, für  Cyberbullying oder Cybermobbing  fehlen im Internetzeitalter aber noch  immer die Ansprechpartner für Erste-Hilfe-Leistungen. Herausforderungen wie diese gilt es zu identifizieren und einer institutionalisierten Lösung zuzuführen“, meint Thomas Nárosy Narosy, „oder nehmen wir das Beispiel des Einsatzes von Facebook im Wahlkampf. Das ist kein nationales Problem. Auch hier muss es uns gelingen, einen globalen juristischen Rahmen zu finden,  der solche Dynamiken bändigt.“

 

Thomas Nàrosy, geb. 1966 in Wiener Neustadt. Diverse (Lehramts-)Studien an der TU-Wien, Uni-Wien, PH-Baden, Donau-Uni und Wirtschafts-Uni-Wien: BEd MBA MAS. Während der Schul- und Studienzeit ehrenamtlich in der kirchlichen Kinder-, Jugend- und Altenbetreuung aktiv. Seit 1998 im schulischen „Back-Office“ tätig – Bildungsinnovation digital-inklusiv. Zuerst ein EU-Projekt für Schulbuchverlage, dann Leiter des Online-Teams in einem Internet- und Marketing-Startup, weiter zur edugroup. Initiative zum und Aufbau des Onlinecampus Virtuelle PH. Seit 2001 in enger Kooperation mit bzw. im Auftrag des Bildungsministeriums Koordination und Leitung zahlreicher Projekte, daraus hervorzuheben acht Jahre der NMS E-Learning-Unterstützung: „Kein Kind ohne digitale Kompetenzen!“. Aufträge für Bildungsinstitutionen in Deutschland. Projektverantwortlicher für das Future Learning Lab (in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Wien und im Auftrag des BMFJ).